Wirtschaftskriminalität 2025: Rekordzahlen und trügerische Sicherheit

Wirtschaftskriminalität erreicht neue Höchststände – doch viele Mittelständler wiegen sich in Sicherheit. Warum das Risiko im eigenen Haus oft unterschätzt wird – und welche aktuellen Bedrohungen Unternehmen im Blick haben müssen.
Die aktuelle KPMG-Wirtschaftskriminalitätsstudie zeigt: Noch nie waren so viele Unternehmen von Betrug, Diebstahl, Korruption oder digitalen Angriffen betroffen wie 2024/2025. Besonders alarmierend: Der Mittelstand unterschätzt die Bedrohung im eigenen Haus – und reagiert häufig erst, wenn der Schaden längst entstanden ist. In diesem Artikel erfahren Entscheider, welche Täterprofile aktuell dominieren, welche Delikte auf dem Vormarsch sind – und mit welchen Maßnahmen Sie Ihr Unternehmen in unsicheren Zeiten gezielt schützen können.
Ein neuer Rekord – und niemand spricht darüber
Wirtschaftskriminalität ist kein exotisches Randthema mehr, sondern eine reale Bedrohung für den Unternehmenserfolg. Laut der aktuellen KPMG-Studie 2025 geben über 65 % der deutschen Unternehmen an, in den letzten zwei Jahren Opfer wirtschaftskrimineller Handlungen geworden zu sein. Das sind mehr als je zuvor.
Der wirtschaftliche Schaden geht längst in die Milliarden – doch was noch gravierender ist: In vielen mittelständischen Betrieben fehlt das Problembewusstsein. Während Konzerne ganze Abteilungen für Compliance, Risikomanagement und Forensik aufbauen, bleibt der Schutz vor Wirtschaftskriminalität im Mittelstand oft lückenhaft oder reaktiv.
Interne Täter dominieren – und das aus gutem Grund
In über 50 % der Fälle stammen die Täter aus dem eigenen Unternehmen, was besonders erschreckend anmutet. Etwa aus Einkauf, Buchhaltung, Außendienst oder sogar aus der Geschäftsleitung. Jene Menschen verfügen schlicht über Wissen, Zugriffsrechte und Vertrauen. Ein unterschlagenes Lagergut, manipulierte Reisekosten oder stille Absprachen mit Lieferanten bleiben oft lange unentdeckt – insbesondere bei fehlender Kontrolle oder fehlendem Whistleblower-Schutz.
Auch bei den Deliktarten zeigen sich klare Entwicklungen: Vermögensdelikte wie Unterschlagung, Diebstahl und Spesenbetrug sind nach wie vor an der Tagesordnung – allerdings oft kombiniert mit digitalen Täuschungsmanövern. Gleichzeitig nehmen cyberbasierte Betrugsformen wie CEO-Fraud, manipulierte Rechnungen oder gezielte Übernahmen von E-Mail-Konten rasant zu. Im internationalen Einkauf werden Kick-back-Systeme und verdeckte Bestechung wieder häufiger beobachtet. Auch die Bilanzmanipulation erlebt – begünstigt durch wirtschaftlichen Druck – ein Comeback. Zudem steigt die Zahl unerlaubter Nebentätigkeiten, insbesondere im Homeoffice-Umfeld, wo Mitarbeitende sensible Daten abziehen oder in Nebengeschäften firmeneigenes Know-how nutzen.
Warum gerade der Mittelstand verwundbar ist
Viele mittelständische Firmen verlassen sich auf persönliche Loyalität, flache Hierarchien und das familiäre Betriebsklima. Doch genau darin liegt die Gefahr. Vertrauen ist wichtig. Wer aber Mitarbeitern – blind (!) – vertraut, übersieht oft die Notwendigkeit von Kontrollmechanismen, Zugriffsprotokollen und strukturierten Präventionssystemen. Hinzu kommt, dass die meisten Firmen verfügen weder über eine Compliance-Abteilung noch über forensisch geschultes Personal. Verdachtsmomente werden ignoriert – aus Unsicherheit, Bequemlichkeit oder Loyalität. Und so bleibt das Leck oft lange unentdeckt.
Typische Warnsignale – und was sie bedeuten können
Plötzliche Verhaltensänderungen bei Mitarbeitenden, etwa übertriebene Loyalitätsbekundungen oder ungewöhnliche Reaktionen auf Rückfragen, können ein erstes Anzeichen sein. Auch häufige Differenzen in Kasse oder Lagerbestand, fragwürdige Lieferantenverhältnisse ohne transparente Ausschreibung oder nächtliche Datenzugriffe sind Hinweise, denen man als Geschäftsleitung dringend nachgehen sollte.
Was Geschäftsführer und Entscheider jetzt tun können
- Risiko-Check durchführen lassen
Beauftragen Sie eine externe Prüfung Ihrer sensiblen Prozesse: Einkauf, Zahlungsverkehr, Buchhaltung, Vertrieb. So erkennen Sie Schwachstellen, bevor Täter sie ausnutzen. - Interne Kontrollsysteme (IKS) etablieren oder stärken
Ein funktionierendes IKS ist kein Bürokratiemonster, sondern ein Frühwarnsystem. Setzen Sie auf klare Freigabeprozesse, regelmäßige Zufallskontrollen und Vier-Augen-Prinzipien. - Mitarbeiter schulen und sensibilisieren
Wirtschaftskriminalität beginnt oft mit kleinen Gelegenheiten. Wenn Ihre Teams die Risiken kennen, sinkt die Anfälligkeit deutlich. - Hinweisgebersystem einführen
Das Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet viele Unternehmen inzwischen dazu – aber es bietet auch Chancen zur Aufdeckung interner Probleme, bevor es teuer wird. - Frühzeitig Spezialisten einbeziehen
Wirtschaftsforensiker, Detektive oder externe Compliance-Berater sind keine Feuerwehr – sie sind Ihre Versicherung gegen den Kontrollverlust.
Objektivität ist Trumpf und Sicherheitsgefühl ist noch kein Sicherheitskonzept. Die aktuellen Zahlen sind ein Weckruf – gerade für Unternehmen, die sich bislang für ’nicht gefährdet‘ hielten. Wirtschaftskriminalität trifft nicht nur ‚die Großen‘ oder die anderen. Sie passiert. Leise, intern, oft gut getarnt. Mit dem richtigen Know-how, vor allem Vorbeugung, gezielter Aufklärung und einem wachsamen Blick lässt sich wirksam gegensteuern. Worin uns regelmäßig wirklich all Klienten Recht geben: Prävention ist immer günstiger als Aufklärung nach dem Schaden.
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